Liebhaberei – Wenn das Finanzamt Verluste nicht mehr anerkennt
Als Geschäftsführer möchte man ein erfolgreiches Unternehmen aufbauen und Gewinne erzielen. Selbstverständlich kann ein Unternehmen auch schlechte Zeiten haben und möglicherweise Verluste erleiden. Das Steuergesetz legt fest, dass Steuern nur erhoben werden sollen, wenn eine vermehrte Leistungsfähigkeit vorliegt. Steuern müssen demnach – einfach gesagt – nur gezahlt werden, wenn das Unternehmen erfolgreich Geld verdient. Werden in einem Jahr Verluste gemacht, müssen natürlich keine Steuern gezahlt werden. Es kommt sogar noch besser: Verluste können mit Gewinnen verrechnet werden. Der sogenannte Verlustausgleich wird zunächst horizontal also innerhalb der Einkunftsart vorgenommen. Verluste können hierzu auch mit vorangegangen und zukünftigen Gewinnen verrechnet werden. Alternativ können Verluste aber auch mit einer anderen Einkunftsart verrechnet werden. Diese Regelung ist essenziell für Unternehmen in einer Krise. Teilweise wird die Verlustregelung aber auch ausgenutzt. Der Fiskus ist daher sehr vorsichtig geworden und unterstellt oft Liebhaberei. In diesem Beitrag werden wir als Steuerberater in Düsseldorf und Oberhausen erläutern, was es mit „Liebhaberei“ auf sich hat und passend dazu einen aktuellen Fall des Finanzgerichts betrachten.
Wie wird die Verlustnutzung ausgenutzt?
Steuern zu sparen ist immer schön. Es gibt nur wenige bis gar keine Lücken im Steuergesetz, die es ermöglichen würden der Steuerpflicht zu entfliehen. Die Verlustnutzung ist jedoch ein Bereich, der regelmäßig für Probleme und Diskussionen sorgt. Grundsätzlich ist die Anerkennung von Verlusten wichtig und essenziell für Unternehmen, die trotz großer Bemühungen Verluste erzielen. Besonders bei jungen Unternehmen sind Verluste nicht ungewöhnlich.
Nun haben wir bereits erwähnt, dass die Verluste – solange keine anderen Gewinne in der Einkunftsart generiert werden – auch mit anderen Einkunftsquellen verrechnet werden können. Dies ermöglicht folgendes Szenario:
- Ein Unternehmer hat ein Einzelunternehmen, das erfolgreich am Markt teilnimmt und Gewinne erzielt.
- Der Unternehmer hat aber noch ein zweites – möglicherweise junges – Einzelunternehmen, was seit mehreren Jahren Verluste erzielt.
- Der vertikale Verlustausgleich würde es hier möglich machen, dass die Verluste aus dem zweiten Unternehmen mit den Gewinnen des anderen Unternehmens verrechnet werden. Für die Einkünfte des erfolgreichen Unternehmens müssten somit weniger Steuern gezahlt werden.
Diese Regelung ist für viele Unternehmen in einer solchen Situation wichtig und hilfreich. Sie können sich aber sicherlich vorstellen, wie eine solche Vorgehensweise ausgenutzt werden könnte. Als erfolgreicher Unternehmer könnte man ein Unternehmen aus privaten Gründen eröffnen und die Verluste einfach in Kauf nehmen, weil diese ja problemlos verrechnet werden können. Ein klassisches Beispiel wäre die Ferienunterkunft, welche offiziell vermietet wird. Allerdings kommen keine Besucher und die Wohnung wird nur für private Urlaube genutzt. Kosten und damit aufgrund der fehlenden Einnahmen auch Verluste der Ferienwohnung könnten einfach steuerlich mit dem „normalen“ Einkommen verrechnet werden. Ein solches Vorgehen ist natürlich nicht im Sinne des Finanzamtes. Um eben solche Steuerumgehungen zu verhindern gibt es die sogenannte Liebhaberei.
Was ist Liebhaberei?
Von Liebhaberei wird gesprochen, wenn anzunehmen ist, dass Verluste aus privaten Gründen einfach in Kauf genommen werden. Wird eine Einkunftsart als Liebhaberei definiert, scheidet eine steuerliche Berücksichtigung aus. Aber wann spricht man von Liebhaberei?
Essenziell ist hier die Frage nach der Einkünfteerzielungsabsicht. Damit ein Unternehmen und damit Gewinne und Verluste steuerlich beachtet werden, muss eine Einkünfteerzielungsabsicht vorliegen. Damit ist gemeint, dass ein Unternehmen und dessen Verluste nur dann als relevant betrachtet werden, wenn der jeweilige Unternehmer tatsächlich versucht erfolgreich mit dem Unternehmen zu sein. Es muss also offensichtlich sein, dass der Unternehmer aktiv versucht einen Verlust zu vermeiden bzw. einen Gewinn erzielen möchte. Beim oben genannten Beispiel der Ferienwohnung müsste der Unternehmer beispielsweise versuchen das Angebot zu bewerben. Wird die Ferienwohnung aber überhaupt nicht beworben und auch in keinen relevanten Portalen für etwaige Unterkünfte gelistet, kann man davon ausgehen, dass der Unternehmer nicht versucht erfolgreich zu sein bzw. sogar darauf auf ist idealerweise gar keine Kunden zu gewinnen. Fehlen Einkünfteerzielungsabsicht und Bemühungen des Unternehmers (Umstrukturierungsmaßnahmen) wird die sogenannte Liebhaberei unterstellt.
Liebhaberei bedeutet, dass der Unternehmer die jeweilige Tätigkeit nur aus privatem Interesse ausführt und kein echtes Unternehmen daraus entwickeln möchte. Steuerlich wird diese Tätigkeit in Folge dessen nicht beachtet. Verluste können also nicht mehr verrechnet werden.
Liebhaberei: Diskussionen und Probleme bei der Definition
Das Grundkonzept von Liebhaberei ist leicht verständlich. Abgrenzungspunkte und Rahmenbedingungen sollen die Liebhaberei definieren und in der Praxis dafür sorgen, dass die Einteilung leicht und nachvollziehbar von der Hand geht. Leider sieht die Realität anders aus. Es gibt immer wieder Diskussionen und Verfahren, weil Unternehmer nach eigener Auffassung nicht der Liebhaberei verfallen sind. Der Fiskus hingegen sieht die Liebhaberei verständlicherweise deutlich eher. Im folgenden Beispiel möchten wir ein aktuelles Gerichtsurteil darstellen, welches die Problematik gut und verständlich abrunden soll.
Ausgangspunkt
Die Klägerin war hauptberuflich Geschäftsführerin einer GmbH. Nebenberuflich betrieb sie seit 2007 als Einzelunternehmerin ein Modegeschäft für hochwertige Damen- und Herrenmode. Das Geschäft befand sich in einem kleinen Wintersportort mit ca. 2.300 Einwohnern. Im Modegeschäft wurde eine Freundin der Klägerin als Arbeitnehmer beschäftigt. Im Zeitraum von 2007 bis 2017 erzielte das Unternehmen Verluste von ca. 800.000€. Zunächst wurden die Verluste bis einschließlich 2012 vom Finanzamt anerkannt und mit anderen positiven Einkünften der Klägerin verrechnet. Im Jahr 2018 wurde der Betrieb des Modegeschäfts eingestellt. Für den Zeitraum von 2013 bis 2018 wurde das Modegeschäft als Liebhaberei eingestuft. Die Verluste konnten demnach nicht verrechnet werden. Die Klägerin war überzeugt davon, dass es sich dabei um eine Fehleinschätzung handelt und hat demnach mit einem Eilverfahren vor dem Finanzgericht München (FG) geklagt.
Entscheidung Finanzgericht
Das Finanzgericht hat den Antrag abgewiesen und dem Fiskus zugestimmt. Es handelt sich tatsächlich um Liebhaberei. Damit Sie die Entscheidung besser verstehen können und möglicherweise Parallelen zu eigenen Fällen erkennen, werden wir nachfolgend erläutern, warum das Finanzgericht auf diese Weise geurteilt hat. Zunächst einige Grundlagen für die Entscheidung:
- Die Berücksichtigung von Verlusten setzt voraus, dass der Steuerpflichtige über die gesamte Dauer seiner Tätigkeit einen „Totalgewinn“ erzielen will.
- Die Absicht einen Gewinn zu erzielen ist zwar essenziell aber auch schwer zu überprüfen. Daher müssen äußere Merkmale als Hinweise genutzt werden. Es ist beispielsweise zu ermitteln, ob der Betrieb überhaupt geeignet ist, einen Gewinn zu erzielen.
- Bei einem Verlustbetrieb ist zu prüfen, ob die Tätigkeit der Befriedigung persönlicher Neigungen oder der Erlangung wirtschaftlicher Vorteile außerhalb des Steuerrechts dient oder ob die Verluste aus persönlichen Gründen hingenommen werden.
- Ist beides nicht der Fall, kann aus dem Umstand, dass auf die Verluste nicht mit geeigneten Umstrukturierungsmaßnahmen reagiert wird, auf das Fehlen einer Totalgewinnabsicht geschlossen werden.
Im oben genannten Streitfall hat die Klägerin jahrelang Verluste hingenommen, ohne darauf zu reagieren. Spätestens 2013 hätte Sie erkennen müssen, dass der Standort nicht dazu geeignet ist, um hochwertige Mode zu verkaufen. Außerdem relevant ist die Tatsache, dass in dem Geschäft lediglich eine Freundin als Angestellte beschäftigt wurde. Weitere Hinweise auf eine Liebhaberei waren, dass das Betriebsfahrzeug auch für Privatfahrten genutzt werden konnte und die Klägerin über das Geschäft am sozialen Leben im Wintersport teilnehmen konnte (privater Vorteil). In der Summe ist eine Liebhaberei anzunehmen. Dies wurde durch das Finanzgericht abschließend bestätigt.
Was passiert, wenn das Finanzamt eine Liebhaberei sieht?
Sobald der Fiskus Zweifel an der Einkünfteerzielungsabsicht bekommt, werden die Steuerbescheide hinsichtlich der Verluste nur noch vorläufig erlassen. Dies ist eine Vorsichtsmaßnahme, welche auch vom Unternehmer selbst ernst genommen werden muss. Stellt sich später heraus, dass es sich tatsächlich um Liebhaberei handelt, werden die Steuerbescheide zu Ungunsten des Steuerpflichtigen geändert. Steuern müssen zuzüglich Zinsen nachgezahlt werden!
Wie lange dürfen junge Unternehmen Verluste machen?
Besonders bei jungen und kleinen Unternehmen sind Verluste zu Beginn keine Seltenheit. Als Unternehmer kann man sich die Frage stellen, wie lange solche Verluste hingenommen werden, ohne dass Liebhaberei unterstellt wird. Hierzu gibt es keine allgemein gültige Regelung. Es wird aber gewöhnlich von einem Zeitraum von fünf Jahren ausgegangen. In dieser Zeit sind Verluste noch „normal“. Anschließend wird der Fiskus aber Umstrukturierungsmaßnahmen oder ähnliches erwarten. Geschieht dies nicht, muss man mit der ungeliebten Einstufung als Liebhaberei rechnen.
Noch Fragen? Steuerberater in Düsseldorf und Oberhausen
Die Thematik der Liebhaberei ist interessant und tatsächlich auch in der Praxis sehr relevant. Wir hoffen, dass dieser Beitrag aufschlussreich und informativ war. Haben Sie noch Fragen oder benötigen Beratung zur Liebhaberei? Als Steuerberater in Düsseldorf und Oberhausen sind wir der perfekte Ansprechpartner bei jeglichen Steuerthemen. Unser Team aus qualifizierten Fachkräften hilft Ihnen gerne in sämtlichen Belangen. Einfach kontaktieren und Beratungstermin vereinbaren.