Steuerberater erklärt: Was ist eine kalte Progression?
Sobald man an der Karriereleiter weiter nach oben klettert, kann man sich möglicherweise über eine Gehaltserhöhung freuen. In den meisten Fällen wird eine Gehaltserhöhung mit einem schlussendlich höheren Nettolohn gleichgesetzt. Es wird jedoch oft übersehen, dass eine Gehaltserhöhung sogar dazu führen kann, dass Sie weniger Geld zur Verfügung haben. In diesem Zusammenhang haben Sie vielleicht schon den Begriff der kalten Progression gehört. Als Steuerberater in Düsseldorf und Oberhausen erleben wir häufig, dass Mandanten sich bisher wenig mit dieser Thematik befasst haben. Mit diesem Beitrag möchten wir daher übersichtlich erläutern, was eine kalte Progression ist und was sie für Ihre Finanzen bedeutet.
Grundlagen – Wie werden Steuern erhoben?
Zunächst soll die Ausgangslage betrachtet werden. Einkommen, die den Grundfreibetrag von 9.408 € übersteigen werden in Deutschland mit Steuern belastet. Die Höhe der Steuer bemisst sich an einem Steuersatz. Für ein höheres Einkommen werden also auch mehr Steuern fällig. Soweit sollte dies jedem Arbeitnehmer bewusst sein. Wie der Steuersatz berechnet wird, gerät dabei allerdings häufig in Vergessenheit. Der Steuersatz wird grundsätzlich progressiv an das Einkommen angepasst. Dies bedeutet, dass mit einem steigenden Einkommen nicht nur die Steuersumme größer wird, sondern auch die Bemessungsgrundlage, der prozentuale Steuersatz steigt also. Als Mindeststeuersatz werden 14% vom Finanzamt verlangt. Der Spitzensteuersatz liegt in Deutschland bei 42%. Mit einem steigenden Einkommen steigt der Steuersatz beispielsweise von anfänglich 14% auf 20%. Als Sonderfall sind noch Menschen zu nennen, die ein Jahreseinkommen von 250.731 € übersteigen. In diesen Fällen wird der Reichensteuersatz von 45% angesetzt. Das Gehalt vor Abzug der Steuern wird als „Bruttogehalt“ bezeichnet. Nachdem alle Abgaben abgezogen wurden, spricht man vom „Nettogehalt“. Diese Unterscheidung wird in den folgenden Absätzen eine wichtige Rolle spielen.
Welche Auswirkungen hat eine Gehaltserhöhung?
Nun kommen wir zum wichtigen Teil. Welche Auswirkungen hat eine Gehaltserhöhung? Die wohl offensichtlichste Auswirkung ist, dass der Arbeitgeber ein höheres Gehalt zahlt. Damit wird das Bruttoeinkommen erhöht. Schon geringe Erhöhungen können dazu führen, dass man am Monatsende 100€ mehr Bruttogehalt auf der Lohnabrechnung sieht. Im Rausch der Freude über die Gehaltserhöhung wird jedoch vergessen, dass ein höheres Einkommen noch weitere Auswirkungen hat. Zu beachten ist an dieser Stelle das Nettoeinkommen. Wie bereits erläutert hat die Höhe des Einkommens einen Einfluss auf die Höhe der Steuern. Eine Gehaltserhöhung hat demnach auch Einfluss auf die zu zahlende Steuerlast.
Kalte Progression nach Gehaltserhöhung
Vermutlich haben Sie mittlerweile erkannt, dass eine Gehaltserhöhung dafür sorgen kann, dass die zu zahlenden Steuern ebenfalls erhöht werden. Und genau für diesen Prozess wird der Begriff kalte Progression verwendet. Es sollte klar sein, dass sich die zu zahlende Steuer mit einem steigenden Einkommen immer erhöht. Bei einem gleichbleibenden Steuersatz würde man demnach bereits nicht die volle Gehaltserhöhung zur Verfügung haben. Dennoch hat man am Ende des Monats etwas mehr Geld auf dem Konto.
Es kann allerdings auch anders aussehen. Zu beachten sind zwei Faktoren. Zunächst muss der ansteigende Steuersatz (Steuerprogression) betrachtet werden. Hinzu kommt die allgemeine Inflation. Als Inflation wird die Tatsache bezeichnet, dass Waren und Dienstleistungen tendenziell stetig teurer werden. Bei einem Gehalt, dass gleichbleibt, wird somit die Kaufkraft über einen gewissen Zeitraum verringert. Sie können also nach einer gewissen Zeit mit dem gleichen Gehalt weniger erwerben.
Häufig wird die Inflation von Arbeitgebern mithilfe einer Gehaltserhöhung berücksichtigt. Dabei wird jedoch teilweise nur die Inflation ausgeglichen, was zu Problemen führen kann. Denn: Die Steuerprogression wird dabei oft vergessen. Mit einem höheren Einkommen kann es passieren, dass Sie in einen höheren Steuersatz eingeordnet werden. Damit wird die allgemeine Steuerlast erhöht. So kann es passieren, dass je nach Summe der Gehaltserhöhung die Kombination aus Inflation und Steuerprogression dazu führen, dass die Kaufkraft insgesamt verringert wird.
Beispiel für eine kalte Progression
Um die kalte Progression einfacher zu verstehen, werden wir ein Beispiel anbringen:
Tom ist ein Single in Steuerklasse 1. Als Arbeitnehmer verdient er monatlich 3.500 Euro. Aufgrund seiner guten Arbeit darf Tom sich über eine Gehaltserhöhung von drei Prozent freuen, was 105 Euro pro Monat entspricht. Auf der nächsten Abrechnung bleiben von der Gehaltserhöhung aber nur 74,40 Euro Nettoeinkommen. Wie ist das möglich? Mit dem neuen monatlichen Einkommen von 3.605 Euro muss Tom einen höheren Steuersatz zahlen. Als Ergebnis der Gehaltserhöhung wird der Steuersatz von 25,3 Prozent auf 25,8 Prozent erhöht. Berücksichtigt man noch die Inflation, kann dies führt dazu, dass die Steuerbelastung prozentual stärker wächst, als die Kaufkraft.
Gehaltserhöhung auf kalte Progression prüfen
Steuerpflichtige sollten Inflation und Steuerprogression bei einer Gehaltserhöhung stets abwägen. Um Fehler zu vermeiden und die steuerlichen Belange genau zu verstehen macht es Sinn einen Steuerberater zu konsultieren. In einem Beratungsgespräch können die steuerlichen Auswirkungen analysiert und erläutert werden. Sie können offene Fragen direkt klären. Im Normalfall wird durch kalte Progression kein großer Verlust entstehen. Häufiger geht durch die Kombination von Inflation und Steuerprogression lediglich das erhöhte Gehalt verloren.
Steuerberatung in Düsseldorf und Oberhausen
Wir hoffen, dass dieser Beitrag hilfreich war und Ihnen nun bewusst ist, was eine kalte Progression für Steuerpflichtige bedeutet. Als Steuerberater in Düsseldorf und Oberhausen sind wir der erste Ansprechpartner bei steuerlichen Angelegenheiten. Unser Team beantwortet Ihre Fragen und hilft bei steuerlichen Problemstellungen. Kontaktieren Sie uns für einen Beratungstermin in einer unserer Kanzleien.