Steuerliche Benachteiligung im Wechselmodell: Reformbedarf für Alleinerziehende
Das paritätische Wechselmodell ist eine Form der Kinderbetreuung für getrennt lebende Eltern, bei der das Kind annähernd gleichwertig Zeit bei beiden Elternteilen verbringt. Anders als beim Residenzmodell, bei dem das Kind hauptsächlich bei einem Elternteil lebt, wechselt das Kind beim Wechselmodell regelmäßig zwischen den beiden Haushalten, zum Beispiel wöchentlich. Dieses Modell ermöglicht es dem Kind, eine enge Bindung zu beiden Elternteilen aufrechtzuerhalten. Für die Eltern bringt das jedoch erhebliche finanzielle und organisatorische Herausforderungen mit sich, die aktuell vom deutschen Steuerrecht kaum berücksichtigt werden.
Finanzielle Belastungen für beide Elternteile
Da das Kind im paritätischen Wechselmodell nicht überwiegend bei einem Elternteil lebt, müssen beide Elternteile einen Haushalt führen, der den Bedürfnissen des Kindes entspricht. Das führt zu doppelten Ausgaben – etwa für Wohnraum, Alltagsbedarf, Kinderbetreuung, Schulmaterialien und Freizeitaktivitäten. Gerade für Alleinerziehende, die das Wechselmodell praktizieren, sind diese Mehrkosten oft eine enorme finanzielle Belastung.
Die steuerliche Ungleichbehandlung im aktuellen System
Um Alleinerziehende finanziell zu entlasten, sieht das Einkommensteuergesetz (§ 24b EStG) einen Entlastungsbetrag vor, der höhere Lebens- und Haushaltsführungskosten ausgleichen soll. Doch das deutsche Steuerrecht geht weiterhin davon aus, dass ein Kind hauptsächlich bei einem Elternteil lebt und der andere Elternteil unterstützend agiert. Im Wechselmodell, wo beide Eltern gleichermaßen für die Betreuung zuständig sind, profitieren sie jedoch nicht beide gleichermaßen von den steuerlichen Entlastungen.
In einer Entscheidung vom 10. Juli 2024 stellte der Bundesfinanzhof (BFH) klar, dass der Entlastungsbetrag im Wechselmodell nur dem Elternteil zusteht, an den das Kindergeld gezahlt wird. Eine gesetzliche Regelung zur Aufteilung des Entlastungsbetrags zwischen den beiden Eltern existiert nicht. Diese Entscheidung verdeutlicht, dass das Steuerrecht die Realität vieler moderner Familienkonstellationen nur unzureichend widerspiegelt.
Warum eine Reform des Steuerrechts notwendig ist
Das aktuelle Steuerrecht berücksichtigt kaum die finanziellen Herausforderungen, die mit dem paritätischen Wechselmodell einhergehen. Die Entscheidung des BFH zeigt, dass eine Anpassung erforderlich ist, um steuerliche Vergünstigungen gerechter zu verteilen. Eine Reform, die es erlaubt, steuerliche Entlastungen zwischen beiden Elternteilen nach Betreuungsanteilen aufzuteilen, würde der Lebenswirklichkeit vieler getrennter Familien gerecht werden. Eine solche Regelung könnte nicht nur finanzielle Mehrbelastungen mindern, sondern auch mögliche Streitigkeiten über finanzielle Fragen vermeiden.
Eine faire Anpassung des Steuerrechts an moderne Elternschaftsmodelle ist somit dringend notwendig, um die finanzielle Belastung für Alleinerziehende und getrennt lebende Eltern gerechter zu gestalten.
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