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Grunderwerbsteuer bei Anteilsübertragungen im Ausland: BFH-Urteil mit weitreichenden Folgen

30. April 2025

Die Besteuerung von Anteilsübertragungen mit Bezug zu inländischem Grundbesitz sorgt immer wieder für Diskussionen. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 25.09.2024 (II R 36/21) klargestellt, dass auch bei Anteilsübertragungen im Ausland Grunderwerbsteuer anfallen kann, sofern die betroffene Gesellschaft in Deutschland belegenen Grundbesitz hält. Dies gilt unabhängig davon, ob eine sogenannte Verlängerung der Beteiligungskette vorliegt.

Hintergrund: Wann fällt Grunderwerbsteuer bei Anteilsübertragungen an?

Gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 3 und 4 GrEStG unterliegt die Übertragung von mindestens 90% der Anteile an einer grundbesitzenden Gesellschaft der Grunderwerbsteuer. In der Praxis ist die Steuerfrage insbesondere dann komplex, wenn die Anteilsübertragung in internationalen Konzernstrukturen erfolgt.

Eine Steuerbefreiung nach § 6a GrEStG ist möglich, wenn es sich um eine Umwandlung im Sinne des Umwandlungsgesetzes (UmwG) handelt. Diese Befreiung gilt nach § 6a Satz 2 GrEStG grundsätzlich auch für vergleichbare Umwandlungen in EU- oder EWR-Staaten. Strittig war, ob diese Regelung auch auf bestimmte Umstrukturierungen mit Drittstaaten-Bezug anwendbar ist.

Der Fall: Umstrukturierung in einer internationalen Konzernstruktur

Im zugrunde liegenden Fall war die A Group Unlimited (A) mit Sitz in Irland Alleingesellschafterin der B Holdings Limited (B), die wiederum Alleingesellschafterin von grundbesitzenden Gesellschaften in Deutschland war.

Im Jahr 2010 gründete A die Klägerin, eine Gesellschaft mit Sitz auf den Britischen Jungferninseln. Anschließend übertrug A alle Anteile an B auf die Klägerin gegen Gewährung von Anteilen. Die Klägerin wurde daraufhin in Irland steuerlich ansässig.

Nach einer Außenprüfung stellte das Finanzamt fest, dass dieser Vorgang der Grunderwerbsteuer unterliegt. Eine Befreiung nach § 6a GrEStG wurde verneint, da es sich nicht um eine nach deutschem oder EU/EWR-Recht begünstigte Umwandlung handelte.

Die Entscheidung des BFH

Der BFH bestätigte die Sichtweise der Finanzverwaltung und wies die Revision der Klägerin zurück. Die zentralen Aussagen des Urteils:

  1. Grunderwerbsteuerpflicht trotz internationaler Struktur: Eine Verlängerung der Beteiligungskette, bei der der bisherige Alleingesellschafter zugleich Alleingesellschafter der erwerbenden Gesellschaft ist, unterliegt auch dann der Grunderwerbsteuer, wenn die Übertragung auf eine ausländische Gesellschaft erfolgt. Entscheidend ist, dass die übertragene Gesellschaft in Deutschland Grundbesitz hält.
  2. Keine Steuerbefreiung nach § 6a GrEStG: Die Steuerbefreiung nach § 6a GrEStG setzt eine Umwandlung nach deutschem Umwandlungsrecht oder einem vergleichbaren Verfahren in einem EU- oder EWR-Staat voraus. Die Umstrukturierung auf eine Gesellschaft mit Sitz auf den Britischen Jungferninseln erfüllt diese Voraussetzung nicht.
  3. Kein Verstoß gegen EU-Recht: Der BFH stellte klar, dass § 1 Abs. 3 GrEStG nicht gegen EU-Recht verstößt. Weder die Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 63 AEUV) noch die Niederlassungsfreiheit (Art. 49 AEUV) werden verletzt, da sich die Klägerin als Drittstaatengesellschaft ohnehin nicht auf die Niederlassungsfreiheit berufen kann.

Praxisauswirkungen für Unternehmen mit Auslandssitz

Das Urteil hat erhebliche Auswirkungen auf internationale Konzernstrukturen und grenzüberschreitende Umstrukturierungen:

  • Unternehmen mit Auslandsbezug müssen prüfen, ob eine Anteilsübertragung zur Grunderwerbsteuerpflicht führt.
  • Die Steuerbefreiung nach § 6a GrEStG ist nur unter strengen Voraussetzungen anwendbar.
  • Strukturen mit Drittstaaten-Bezug sind besonders betroffen, da das deutsche Grunderwerbsteuerrecht hier keine Privilegierung vorsieht.

Fazit

Die Entscheidung des BFH schafft Klarheit für die steuerliche Behandlung von Anteilsübertragungen mit Bezug zu inländischem Grundbesitz. Unternehmen, die grenzüberschreitende Umstrukturierungen planen, sollten steuerliche Risiken frühzeitig analysieren und gegebenenfalls alternative Gestaltungen in Erwägung ziehen.

Die Grunderwerbsteuer bleibt ein zentraler Faktor bei der steuerlichen Planung von Unternehmen mit Immobilienbesitz in Deutschland – insbesondere bei komplexen Konzernstrukturen mit internationalem Bezug.