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Die Steuerfahndung an der Haustür – Urteil des BFH gibt Aufschluss über Rechtmäßigkeit

19. Dezember 2022

In einer aktuellen Streitsache beschäftigte sich der Bundesfinanzhof (BFH) als höchste Instanz der Finanzgerichtsbarkeit damit, ob Steuerfahnder unangemeldet an der Wohnung der Steuerzahlenden auftauchen und eine Ortsbesichtigung durchführen dürfen, wenn letztere nicht grundsätzlich eine Auskunft an das Finanzamt verweigern. Konkret geht es um die Frage, ob eine unangekündigte Wohnungsbesichtigung erfolgen darf, um die Angaben des oder der Steuerzahlenden zu einem häuslichen Arbeitszimmer zu überprüfen.

Präzedenzfall häusliches Arbeitszimmer

Im vorliegenden Fall machte eine steuerpflichtige Person erstmals Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer zur Erledigung ihrer freiberuflichen Tätigkeit geltend. Hierzu wurde von ihr eine Skizze eingereicht, die die Finanzbeamten als unklar definierten und daraufhin eine Wohnungsbesichtigung anberaumten. Die Steuerzahlerin willigte spontan in die Besichtigung ein, als die Beamten der Steuerfahndung unangemeldet vor ihrer Haustür erschienen. Mit der Begründung, die Besichtigung ihrer Wohnung sei rechtswidrig gewesen, erhob sie im Nachhinein Klage. Das Finanzgericht wies diese ab, der BFH wiederum widersprach im Revisionsverfahren der Entscheidung des Finanzgerichts mit der Begründung, dass es sich mit der unangemeldeten Besichtigung um eine rechtswidrige Handlung gehalten habe.

BFH gegen unangemeldete Steuerfahnder-Besuche

Dem BFH zufolge sei eine Ortsbesichtigung erst dann erforderlich gewesen, wenn im weiteren Aufklärungsverlauf weitere Unklarheiten bei den von der Steuerpflichtigen bereitgestellten Informationen aufgetreten wären, die nicht hätten aufgeklärt werden können. Die Steuerpflichtige habe aber nach Ansicht des BFH an der Aufklärung mitgewirkt und deshalb sei durch den unangemeldeten Besuch der Steuerfahndung der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verletzt worden. Die Ortsbesichtigung wurde vom BFH als unverhältnismäßig eingeordnet, da die Finanzbehörden in ihren Erwägungen den Schutz der Wohnung nicht ausreichend berücksichtigt hatten. Der Betroffenen hätte rechtliches Gehör geschenkt- und die Möglichkeit eingeräumt werden müssen, weitere Nachweise wie zum Beispiel eine Fotografie der Wohnräume zu erbringen. Eine vorherige Ankündigung der Ortsbesichtigung hätte – wenn sie überhaupt als nötig befunden hätte werden können – laut Gericht unbedingt erfolgen müssen.

Der Schutz der Wohnung

Durch den Fall wurde das Prinzip des Schutzes der Wohnung bestätigt und hervorgehoben. Die Entscheidung verweist auf Artikel 13 des deutschen Grundgesetzes, der die Unverletzlichkeit der Wohnung als Grundrecht garantiert. Hiernach ist der Schutz der Privatsphäre durch staatliche Eingriffe ein unverhandelbares Freiheitsrecht. Das Gesamtfazit, das aus dem Fall gezogen werden kann, ist: Steuerzahlende sind rechtlich vor unangemeldeten Besuchen durch staatliche Stellen gut geschützt und können darauf zählen, dass Behörden zu verhältnismäßigen und am wenigsten in die Privatsphäre eingreifenden Maßnahmen angehalten werden.