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Disquotale Einlagen: BFH äußert Zweifel an schenkungsteuerbarer Werterhöhung

28. November 2025

Ein aktueller Beschluss des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 6. Juni 2025 (Az. II B 43/24 (AdV)) bringt Bewegung in die Praxis der schenkungsteuerlichen Behandlung disquotaler Einlagen in Kapitalgesellschaften. Konkret stellt der BFH ernsthafte Zweifel daran fest, ob eine Einzahlung in die Kapitalrücklage einer GmbH ohne satzungsmäßige Zuordnung zwingend zu einer steuerbaren Werterhöhung im Sinne des § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG führt.

Für GmbH-Gesellschafter und deren steuerliche Berater ist dies von erheblicher Bedeutung, denn bislang galt die Praxis als klar: Wer als Gesellschafter mehr einzahlt als seinem Anteil entspricht (sog. disquotale Einlage), riskiert, dass diese Einlage anteilig als Schenkung an die übrigen Gesellschafter behandelt wird – mit entsprechenden steuerlichen Folgen.

Rechtlicher Hintergrund: Was regelt § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG?

  • 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG stellt klar: Erhöht sich der Wert von Gesellschaftsanteilen durch eine Leistung eines Gesellschafters, kann dies eine freigebige Zuwendung an die Mitgesellschafter darstellen – mit der Folge, dass Schenkungsteuer anfällt. Diese Regelung soll verhindern, dass durch gezielte, disquotale Einlagen steuerliche Gestaltungsspielräume ausgenutzt werden, um steuerfreie Vermögensverschiebungen zwischen Gesellschaftern vorzunehmen.

In der Praxis betrifft dies insbesondere Kapitalerhöhungen oder freiwillige Einzahlungen in die Kapitalrücklage, bei denen die Einlage nicht im Verhältnis der Beteiligungsquote erfolgt.

Der Fall vor dem BFH: Entscheidung mit Signalwirkung

Im Streitfall wurde die Kapitalrücklage einer GmbH durch disquotale Einlagen erhöht. Die Gesellschafter hatten jedoch vereinbart, dass die Einzahlung eindeutig dem jeweiligen Einleger zugeordnet werden sollte. Diese gesellschafterbezogene Zuordnung war jedoch nicht satzungsmäßig geregelt – sondern beruhte ausschließlich auf schuldrechtlichen Absprachen und entsprechenden Beschlüssen.

Das Finanzgericht Nürnberg sah hierin keine dauerhafte, verbindliche Zuordnung und bejahte eine steuerpflichtige Werterhöhung zugunsten der übrigen Gesellschafter. Der BFH hingegen äußert Zweifel an dieser Sichtweise. Er sieht in der fehlenden Satzungsregelung kein zwingendes Hindernis, sofern die Absprachen eindeutig dokumentiert und nachvollziehbar umgesetzt wurden.

BFH: Schuldrechtliche Abreden können ausreichend sein

Nach Auffassung des BFH ist die schenkungsteuerliche Bewertung maßgeblich durch das tatsächliche Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander geprägt. Selbst wenn eine Satzungsregelung fehlt, kann eine personenbezogene Zuordnung der Einlage durch Gesellschafterbeschlüsse und handelsbilanzielle Darstellung erfolgen – solange diese dauerhaft und widerspruchsfrei dokumentiert ist.

Im Ergebnis erkennt der BFH das Nachreichen oder Ergänzen solcher Dokumentationen im Rahmen eines vorläufigen Rechtsschutzverfahrens als zulässig an – ein wichtiges Signal für die steuerliche Praxis.

Steuerliche Einordnung und praktische Implikationen

Die Entscheidung des BFH zeigt, dass eine schenkungsteuerbare Werterhöhung nicht automatisch anzunehmen ist, wenn disquotale Einlagen geleistet werden. Entscheidend ist, ob dem einlegenden Gesellschafter konkrete Vorteile zugewiesen werden, etwa:

  • ein individuell erhöhter Gewinnverteilungsanspruch
  • ein disquotaler Liquidationserlös
  • andere individuelle Rechte, die die Vermögensverschiebung ausgleichen

Für die Praxis bedeutet dies: Eine gut dokumentierte schuldrechtliche Regelung kann ausreichen, um Schenkungsteuer zu vermeiden – selbst ohne satzungsrechtliche Verankerung. Dennoch ist höchste Sorgfalt geboten, um eine eindeutige und steuerlich belastbare Dokumentation sicherzustellen.

Handlungsempfehlungen für GmbH-Gesellschafter und Berater

  • Gesellschafterbeschlüsse eindeutig fassen: Die Zuordnung der Einlage sollte in der Beschlussfassung klar geregelt und dokumentiert sein.
  • Bilanzielle Umsetzung beachten: Die Kapitalrücklage sollte entsprechend den Vereinbarungen in der Buchführung und im Jahresabschluss abgebildet werden.
  • Satzungsänderung prüfen: Auch wenn der BFH eine schuldrechtliche Regelung anerkennt, bietet eine satzungsmäßige Absicherung langfristig mehr Rechtssicherheit.
  • Frühzeitige steuerliche Beratung einholen: Bereits bei der Gestaltung disquotaler Einlagen sollten steuerliche Risiken analysiert und minimiert werden.

Fazit

Die aktuelle Entscheidung des BFH schafft neue Spielräume bei der steuerlichen Behandlung disquotaler Einlagen – und betont gleichzeitig die Bedeutung einer präzisen zivilrechtlichen und bilanziellen Gestaltung. Für GmbH-Gesellschafter bietet dies Potenzial zur steuerlichen Optimierung, birgt aber auch erhebliche Risiken bei fehlender Dokumentation. In der Praxis ist eine frühzeitige, kompetente Beratung unerlässlich. Unsere Steuerberater in Düsseldorf und Oberhausen unterstützen Sie dabei, disquotale Einlagen rechtssicher zu gestalten, steuerliche Risiken zu minimieren und Ihre Unternehmensstruktur optimal aufzustellen.