Steuerfahndung bei Influencern: Zunehmende Ermittlungen wegen Steuerhinterziehung
Influencer sind längst keine Randerscheinung mehr – sie sind unternehmerisch tätig, vermarkten Produkte und Dienstleistungen, erzielen hohe Reichweiten und Einnahmen. Doch mit der wachsenden wirtschaftlichen Bedeutung rückt auch die steuerliche Relevanz ihrer Aktivitäten stärker in den Fokus der Behörden. Aktuell ermittelt die nordrhein-westfälische Finanzverwaltung gegen mehrere Influencer wegen des Verdachts auf erhebliche Steuerverkürzungen. Die Konsequenzen sind weitreichend – nicht nur für Betroffene, sondern auch für vergleichbare Geschäftsmodelle im digitalen Raum.
Steuerstrafrechtlicher Druck nimmt zu
Wie das Finanzministerium NRW mitteilte, werden derzeit umfangreiche Datenbestände ausgewertet. Im Mittelpunkt stehen Fälle, in denen Influencer trotz deutlicher Einnahmetätigkeit über soziale Medien keine steuerliche Registrierung vorgenommen haben. Auch vermeintliche Auslandsaufenthalte, die einen Steuerwegzug simulieren sollen, werden verstärkt hinterfragt.
Besonders relevant ist die Frage des Vorsatzes – dieser ist entscheidend für die strafrechtliche Bewertung einer möglichen Steuerhinterziehung. Je professioneller die Vermarktung und je systematischer das Verhalten, desto geringer ist die Chance, sich auf bloße Unkenntnis berufen zu können.
Steuerliche Fallstricke: Umsatzsteuer, Einkommensteuer und Betriebsaufspaltung
Die steuerliche Komplexität in der Influencer-Branche wird häufig unterschätzt. Zentrale Herausforderung ist die korrekte Einordnung von Einnahmen und deren Erfassung im Inland.
Typische Risikofelder:
- Umsatzsteuerliche Registrierungspflichten: Auch bei grenzüberschreitenden Leistungen können steuerpflichtige Umsätze im Inland entstehen.
- Ertragsteuerliche Zuordnung: Maßgeblich ist die Frage, ob ein Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt im Inland besteht. Auch bei Aufenthalten im Ausland kann eine beschränkte Steuerpflicht nach § 1 Abs. 4 EStG vorliegen – z. B. bei inländischen Werbeeinnahmen oder Beteiligungen.
- Abgrenzung von Betriebsausgaben und privater Lebensführung: Reisekosten, Kleidung, Fahrzeuge – vieles wird betrieblich genutzt, entzieht sich aber oft einer klaren Trennung zwischen unternehmerischer und privater Nutzung.
Ein besonderer Fokus der Finanzämter liegt auf der Erfassung von geldwerten Vorteilen, etwa durch Produktplatzierungen, gesponserte Events oder kostenfrei überlassene Gegenstände. In Zweifelsfällen droht hier die Einstufung als steuerpflichtiger Sachbezug.
Datenabgleich durch Finanzverwaltung
Zunehmend bedienen sich die Steuerbehörden auch öffentlich zugänglicher Informationen: Posts auf Instagram, YouTube, TikTok und Co. dienen als Grundlage für Plausibilitätsprüfungen. Werden hier Einnahmen, Reisen oder Sachwerte öffentlich gezeigt, die nicht erklärt wurden, entsteht schnell ein Anfangsverdacht.
Diese Entwicklung führt zu einer intensiveren Überwachung digitaler Geschäftsmodelle – nicht nur im Bereich der Influencer, sondern generell bei selbstständigen Online-Akteuren.
Selbstanzeige als letzter Ausweg?
Bei steuerstrafrechtlich relevanten Sachverhalten stellt sich die Frage, ob eine strafbefreiende Selbstanzeige noch möglich ist. Ist der Steuerpflichtige bereits Gegenstand behördlicher Ermittlungen oder liegt eine konkrete Prüfungsanordnung vor, ist der Weg zur Straffreiheit regelmäßig versperrt.
Wer also bislang keine oder unvollständige Angaben gemacht hat, sollte jetzt handeln. Eine frühzeitige und professionelle Aufarbeitung der steuerlichen Verhältnisse kann nicht nur strafmildernd wirken, sondern auch erhebliche finanzielle Risiken vermeiden.
Handlungsempfehlungen für Betroffene
- Sofortige Prüfung der steuerlichen Erfassung: Wohnsitz, gewöhnlicher Aufenthalt und Einkunftsquellen sind sorgfältig zu analysieren.
- Dokumentation aller Einnahmen und geldwerten Vorteile: Eine vollständige Buchführung ist auch im Influencer-Geschäft unerlässlich.
- Trennung von privaten und betrieblichen Aufwendungen: Die klare Abgrenzung ist im Rahmen von Betriebsprüfungen und Nachschauen entscheidend.
- Rechtzeitige steuerliche Beratung einholen: Wer frühzeitig auf professionelle Beratung setzt, kann viele Risiken von vornherein vermeiden.
- Möglichkeit der Selbstanzeige prüfen: Auch bei scheinbar „kleineren“ Versäumnissen kann eine Selbstanzeige sinnvoll sein.
Fazit
Das steuerliche Umfeld für Influencer und digitale Geschäftsmodelle wird zunehmend komplexer und risikobehafteter. Wer Einnahmen erzielt, trägt Verantwortung – auch gegenüber dem Finanzamt. Der aktuelle Fall aus Nordrhein-Westfalen zeigt: Die Behörden haben ihre Systeme geschärft. Umso wichtiger ist es, steuerliche Pflichten ernst zu nehmen und rechtzeitig professionelle Unterstützung in Anspruch zu nehmen.