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Aktuelle Entwicklungen zur verdeckten Gewinnausschüttung und verdeckten Einlage: Rechtsprechung im Fokus

19. Mai 2025

Verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) und verdeckte Einlagen (vE) sorgen in der steuerlichen Praxis regelmäßig für Unsicherheiten. Der Grund liegt darin, dass diese Gestaltungen häufig nicht bereits im Vorfeld erkennbar sind und erst im Rahmen von Betriebsprüfungen aufgegriffen werden. Entsprechend umfangreich ist die Rechtsprechungslage, die durch eine Vielzahl an Einzelfallentscheidungen geprägt ist. Auch wenn die Finanzverwaltung mit Richtlinien und Erlassen versucht, eine praxisnahe Handhabung zu etablieren, bleibt die Rechtslage aufgrund der Individualität der Fälle komplex.

Streitpunkt: Anwendbarkeit von § 8 Abs. 3 Satz 4 KStG

In einem aktuellen Urteil hatte das Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern zu entscheiden, ob eine verdeckte Einlage außerbilanziell gemindert werden darf, wenn eine Besteuerung auf Ebene des Gesellschafters aufgrund einer bestandskräftigen Veranlagung nicht mehr möglich ist (Urteil vom 16.05.2023, Az. 1 K 330/18). Das Gericht bejahte dies und stellte klar, dass die Vorschrift des § 8 Abs. 3 Satz 4 KStG nicht nur für beteiligte Körperschaften, sondern grundsätzlich auch für natürliche Personen als Gesellschafter gilt. Auch sei die Anwendung nicht auf Beteiligungen im Betriebsvermögen beschränkt. Die Nichtversteuerung aus verfahrensrechtlichen Gründen wurde dabei als Einkommensminderung gewertet.

BFH zur Zuflussfiktion bei Tantiemenverzicht

Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte sich mit der Frage zu befassen, ob ein beherrschender Gesellschafter eine Tantiemeforderung gegenüber seiner Kapitalgesellschaft bereits dann im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG als zugeflossen gilt, wenn die Gesellschaft diese Forderung bilanziell nicht erfasst hat (Urteil vom 05.06.2024, Az. VI R 20/22). Der BFH entschied entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung, dass kein Zufluss vorliege. Gleichzeitig ließ das Gericht offen, ob der Verzicht auf eine bereits entstandene Forderung als verdeckte Einlage zu werten ist, und verwies die Angelegenheit zur Klärung an das zuständige Finanzgericht zurück. Maßgeblich sei, dass für die Zuflussfiktion nicht zwingend eine Passivierung der Verbindlichkeit in der Bilanz der Gesellschaft erforderlich ist.

Verdeckte Einlage bei Verzicht auf Berufsunfähigkeitsrente

Das Finanzgericht Köln hat in einem weiteren aufschlussreichen Fall entschieden, dass Berufsunfähigkeitsversicherungen zugunsten von Gesellschafter-Geschäftsführern ähnlich zu behandeln sind wie Pensionszusagen. Verzichten Gesellschafter-Geschäftsführer auf eine zugesagte Absicherung, ist dieser Verzicht steuerlich als verdeckte Einlage zu werten. Der werthaltige Teil der Versicherung stellt in diesem Zusammenhang einen lohnsteuerpflichtigen Zufluss dar. Das Urteil verdeutlicht, dass auch bei Versicherungsleistungen eine steuerlich relevante Einlagehandlung vorliegen kann, wenn Ansprüche ohne angemessene Gegenleistung aufgegeben werden.

Fazit

Die aktuelle Rechtsprechung zu verdeckten Gewinnausschüttungen und Einlagen zeigt, wie vielschichtig und streitanfällig dieses Themenfeld bleibt. Steuerpflichtige und ihre Berater sollten bei gesellschaftsbezogenen Gestaltungen besondere Sorgfalt walten lassen, um unerwartete steuerliche Konsequenzen zu vermeiden. Eine genaue Dokumentation und vorausschauende steuerliche Planung sind unverzichtbar, um Risiken im Rahmen von Betriebsprüfungen zu minimieren.