Grunderwerbsteuer bei Personengesellschaften: Verlängerte Behaltensfristen und aktuelle BFH-Entscheidung
Seit dem 1. Juli 2021 gelten im Grunderwerbsteuerrecht deutlich verschärfte Voraussetzungen für steuerbegünstigte Grundstücksübertragungen zwischen Personengesellschaften und ihren Gesellschaftern. Die Behaltensfristen wurden von vormals fünf auf nun zehn beziehungsweise fünfzehn Jahre verlängert. Doch was gilt für Erwerbsvorgänge, bei denen die ursprüngliche Frist zum 30. Juni 2021 noch nicht abgelaufen war? Ein aktueller Beschluss des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 10. April 2025 bringt erste Klarheit in eine bislang unübersichtliche Rechtslage.
Hintergrund: Gesetzesänderung zum 1. Juli 2021
Durch das Gesetz zur Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes vom 12. Mai 2021 wurden unter anderem die Nachbehaltensfristen in den Paragrafen 5 und 6 GrEStG deutlich verlängert. Für Erwerbsvorgänge ab dem 1. Juli 2021 beträgt die Behaltensfrist nun zehn Jahre. Maßgeblich hierfür ist die Übergangsregelung in § 23 Absatz 18 GrEStG, die eine Anwendung der verlängerten Frist nur auf Erwerbsvorgänge vorsieht, die nach dem 30. Juni 2021 verwirklicht werden.
Gleichzeitig legt § 23 Absatz 24 GrEStG fest, dass die verlängerte Frist von zehn Jahren dann nicht anzuwenden ist, wenn die bis dahin gültige Fünfjahresfrist bereits vollständig abgelaufen war. Die zentrale Frage: Gilt für Erwerbsvorgänge, die vor dem 1. Juli 2021 erfolgten, aber bei denen die fünf Jahre zu diesem Zeitpunkt noch nicht verstrichen waren, bereits die neue Frist?
BFH-Beschluss vom 10. April 2025 – II B 54/24 (AdV)
In einem konkreten Fall übertrug eine Personengesellschaft im Jahr 2018 Grundstücke auf eine andere, personenidentische Personengesellschaft. Das Finanzamt gewährte zunächst eine Steuerbefreiung nach § 6 Absatz 3 Satz 1 GrEStG. Nach einem Formwechsel der aufnehmenden Gesellschaft in eine GmbH im Jahr 2023 – also nach Ablauf der ursprünglichen Fünfjahresfrist – hob das Finanzamt die Steuerbefreiung wieder auf und setzte rückwirkend Grunderwerbsteuer fest. Begründung: Die neue Zehnjahresfrist sei anzuwenden.
Der BFH gab dem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung statt. Er äußerte im Rahmen seiner summarischen Prüfung erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der rückwirkenden Steuerfestsetzung. Der maßgebliche Erwerbsvorgang sei im Jahr 2018 erfolgt. Eine Anwendung der neuen Nachbehaltensfrist ab 1. Juli 2021 sei daher ausgeschlossen, da § 23 Absatz 18 GrEStG klar regle, dass nur Erwerbsvorgänge nach dem 30. Juni 2021 unter die verlängerte Frist fallen.
Widerspruch zwischen § 23 Abs. 18 und § 23 Abs. 24 GrEStG
Zwar könne – so der BFH – eine Anwendung der neuen Frist grundsätzlich aus § 23 Absatz 24 GrEStG abgeleitet werden. Diese Regelung stehe aber im Widerspruch zum Wortlaut des § 23 Absatz 18 GrEStG. Der Begriff Erwerbsvorgänge lasse keine Auslegung zu, nach der bereits begonnene, aber noch nicht abgeschlossene Fristen rückwirkend verlängert werden dürften. Aufgrund dieser Unsicherheit war der Steuerbescheid vorläufig aufzuheben.
Relevanz für die Praxis
Der Beschluss des BFH ist für viele vergleichbare Sachverhalte von erheblicher Bedeutung. Zwar handelt es sich noch nicht um eine abschließende Entscheidung im Hauptsacheverfahren, doch bietet die Aussetzung der Vollziehung Argumentationsspielraum in laufenden und künftigen Verfahren.
Ob der BFH im Rahmen eines Hauptverfahrens die Fristenregelung endgültig auslegt, bleibt abzuwarten. Bis dahin sollten betroffene Gesellschaften und deren Berater den Wortlaut der Übergangsregelungen genau prüfen und mögliche Anfechtungsrechte im Blick behalten.
Fazit
Die verlängerten Behaltensfristen im Grunderwerbsteuerrecht stellen Personengesellschaften vor neue Herausforderungen. Der aktuelle BFH-Beschluss zeigt jedoch, dass die Auslegung der Übergangsvorschriften nicht eindeutig ist und durchaus erfolgversprechende Argumente für eine Beschränkung auf Erwerbsvorgänge ab dem 1. Juli 2021 bestehen. Steuerpflichtige sollten entsprechende Fälle sorgfältig dokumentieren und gegebenenfalls rechtlichen Beistand in Anspruch nehmen, um finanzielle Nachteile zu vermeiden. Als erfahrene Steuerberater in Düsseldorf und Oberhausen helfen wir unseren Mandanten dabei, diese und ähnliche Vorgänge steueroptimiert umzusetzen. Kontaktieren Sie uns gerne für eine Erstberatung.